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Eine Ausschaffung Auf Top-Liste gesetzt

2005
Winterthur
Marius Hofmann

Kurz nachdem wir in der vierten Klasse waren, fand ein Erlebnis statt, das mich für immer politisieren sollte: Eine Klassenkameradin wurde in den Kosovo ausgeschafft. In einer Nacht und Nebelaktion umstellte die Polizei das Haus und zerrte die fünf Kinder und ihre Eltern aus dem Haus, so schilderten es auf jeden Fall die Nachbarn, die in der Nacht durch den Lärm aufgeweckt wurden. Offensichtlich wussten die Eltern, dass ihnen Gefahr droht. Bereits zwei oder drei Wochen zuvor, hatten die Kinder ohne Abmeldung drei Tage in der Schule gefehlt. Niemand wusste etwas von ihnen. Am Tag nach der Ausschaffung erklärten uns Lehrerin und Eltern was geschehen war. Für uns war klar, dass das eine himmelschreiende Ungerechtigkeit war. Uns war eine Klassenkameradin genommen worden. Unsere Eltern starteten bald eine Petition und sammelten Unterschriften, um sich gegen die Ausschaffung auszusprechen und die Kinder wieder zurück in die Schweiz zu holen und eventuell bei Verwandten unterzubringen. Wir engagierten uns ebenfalls und versuchten in der Stadt und auf dem Schulweg Unterschriften zu sammeln. Besonders erinnere ich mich an unser Erstaunen und unser Unverständnis, gab es doch tatsächlich Leute, welche dieses Vorgehen begrüssten und uns von der Notwendigkeit der Ausschaffung überzeugen wollten. Gleichzeitig gaben uns auch viele ihre Unterschrift. Trotzdem zeigte sich bald, dass unsere Hoffnungen vergeblich waren. Wir gewöhnten uns an das Leben ohne die Kollegin. Und doch zeigte uns dieses Beispiel wie erbarmungslos die staatliche Gewalt zu schlagen kann.

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Marius Hofmann
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27 Dezember 2023
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