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Politik der Strasse – Eine von Hand kolorierte Fotografie von Barbara Davatz und Eric Bachmann

Politik der Strasse – Eine von Hand kolorierte Fotografie von Barbara Davatz und Eric Bachmann

29 Juni 1968
Barbara Davatz und Eric Bachmann
Barbara Davatz und Eric Bachmann

Fotografien sind seit dem visual turn zur wichtigen Quellengattung der historischen Forschung geworden. Neben einer dokumentarischen Funktion verfügen sie über grosse kulturhistorische Aussagekraft, die sich insbesondere in ihrer Rezeptionsgeschichte ausdrückt. Ein lokalhistorisches Beispiel dafür ist die von Barbara Davatz von Hand kolorierte Fotografie von Eric Bachmann vom Abend des 29. Juni 1968. Sie illustriert die Kulturrevolution der ausgehenden 1960er-Jahre auf besonders vielschichtige Weise.

Die Fotografie entstand auf der Bahnhofbrücke in Zürich und erschien kurz darauf in der damals noch schwarzweiss gedruckten National-Zeitung sowie in der sozialistischen Wochenzeitung Vorwärts. Aufgenommen hatte sie der 28-jährige Fotoreporter Eric Bachmann aus Zürich, der zu diesem Zeitpunkt als freier Fotograf tätig war und die Schweizer Printmedien mit Fotos belieferte. Bachmann begleitete die Krawalle und dokumentierte sie mit seiner Kamera. Dabei wurde er zwischenzeitlich festgenommen und seine Fotoausrüstung beschlagnahmt.

Anlässlich eines Rückblicks zum Jahrestag, zehn Jahre nach den Krawallen, erschien das Bild in der Tageszeitung Tat erneut. Doch diesmal in kolorierter Form. Wie beim Fernsehen, hatte auch in den Printmedien inzwischen die Farbe Einzug gehalten. So bat der Journalist Walter Bretscher die Fotografin Barbara Davatz, das Bild mit Eiweisslasur zu kolorieren. So wurde dem an sich schon herausragenden Sujet, das die Stimmung am Abend der Globuskrawalle ausserordentlich lebendig illustriert, noch zusätzlich der charakteristische Pop-Art-Stil der 1960er-Jahre eingehaucht. Das kolorierte Foto erschien wegen seiner besonderen Ästhetik und der symbolhaften Ausstrahlung wiederholt in den Medien, zum Beispiel in der Schweizer Woche zum 20. oder im Blick zum 25. Jahrestag der Proteste. Zudem wurde es in verschiedenen Büchern abgedruckt und in Kunstausstellungen präsentiert.

Wo sich das kolorierte Bild von Eric Bachmann und Barbara Davatz heute befindet, lässt sich derzeit leider nicht ermitteln. Barbara Davatz hatte das Bild in den 1980er-Jahren dem Fotografen und Fotohistoriker Roland Gretler geschenkt, der es seinem «Panoptikum zur Sozialgeschichte» hinzufügte. Dieses Archiv mit rund 100'000 Fotos gelangte nach Roland Gretler Tod im Jahr 2018 ans Schweizerische Sozialarchiv. Dort konnte diese Ikone des Schweizer Fotojournalismus allerdings bislang nicht inventarisiert werden. Das Bild gilt deshalb gegenwärtig als unauffindbar. Ein Grund, diesem besonderen Bild eine historische Aufarbeitung zu widmen und es als Ausgangspunkt für eine kurze Geschichte von Krawall und Protest in Zürich zu nutzen.

Text von Manuel Walser

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6 Juni 2024
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