Wir analysieren die anonymisierten Daten unserer Besucher und Mitglieder, um unser Angebot und den Inhalt der Website besser auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen. Diese Website setzt beispielsweise zur Analyse des Datenverkehrs auch Cookies ein. Sie können die Speicher- und Zugriffsbedingungen für Cookies in Ihrem Browser einstellen. Zusätzliche Informationen.

Der Aufseher des Gotthardtunnels

1937
Roberto Knijnenburg
Corriere del Ticino

Wer regelmäßig mit dem Gotthardzug in den Süden fährt, bemerkt jeden Mittag am Bahnhof von Göschenen eine typische Eisenbahnerfigur, die in den letzten Waggon der dritten Klasse einsteigt. In der linken Hand hält er eine Lampe mit klarem Licht, unter dem rechten Arm trägt er sein Dienstbuch: Es handelt sich um den Wächter des Gotthardtunnels, der in den Dienst tritt, indem er mit der Bahn bis nach Airolo fährt, um dann zu Fuß von der Südtür des Tunnels seine siebenstündige Wanderung über die zahllosen Bahnschwellen zu beginnen...

Giovanni Tresch ist der dienstälteste Aufseher der Gotthardstrecke; er übt seine anstrengende Arbeit nun schon seit dreiunddreißig Jahren aus, und der Chef-Eisenbahner Friedli aus Göschenen, der für den Abschnitt vom Nordportal bis zum Südportal zuständig ist, zählt ihn zu seinen treuesten Mitarbeitern. Eine internationale Eisenbahnlinie wie die des Gotthards erfordert die genaueste Pflege und Überwachung.

Der 15 Kilometer lange Tunnelabschnitt erfordert eine besondere Kontrolle, da täglich zahlreiche Personen- und Güterzüge sowie internationale Expresszüge in beiden Richtungen durchfahren, da es die kürzeste Eisenbahnverbindung zwischen Nord und Süd ist. Die Überwachung wird daher speziellen Wächtern anvertraut, die täglich von beiden Zugangsportalen aus die Strecke betreuen und dabei jeweils einem bestimmten Gleis folgen. Neben der Kontrolle der Gleise, Schwellen und Leitungen müssen die Wächter von speziellen Telefonkabinen aus ihren Standort nach Airolo oder Göschenen melden und eventuelle Unregelmäßigkeiten sofort mitteilen. Zudem müssen sie auch die Kilometeranzeigen überprüfen. Solche Dienste erfordern besondere Aufmerksamkeit und Ausdauer, da die Arbeit im Tunnel, die den Wetterumschwüngen des Gotthardmassivs ausgesetzt ist, äußerst anstrengend ist. Der Tunnel wird ständig von einem Luftstrom durchzogen, der je nach Windrichtung wechselt, und der beschwerliche Marsch des Kontrollpersonals erfordert Beharrlichkeit und Ausdauer.

Dreiunddreißig Jahre Dienst als Wächter stellen daher eine bedeutende Lebenszeit dar, gefüllt mit Erinnerungen, Ereignissen, Arbeitstagen und Fahrten von einem Ende des Tunnels zum anderen. Giovanni Tresch, der älteste der Wächter, hat alle Aspekte seines Arbeitslebens kennengelernt und könnte auch von traurigen Episoden berichten. Doch da er es vermeidet, über sich selbst zu sprechen, betrachtet er das, worauf andere stolz wären, als selbstverständlich und natürlich. Eine wunderbare, hartgesottene Persönlichkeit, die sich selbst wenig beachtet und von deren sorgfältiger Pflege das Schicksal der Reisenden abhängt, die den Tunnel durchqueren.

mdm.atte.ch/MDM0934-foto-5.jpg

Der Aufseher Giovanni Tresch beginnt den langen Marsch durch den Gotthardtunnel von Airolo nach Göschenen. Ein 7-stündiger Fußmarsch.

mdm.atte.ch/MDM0934-foto-1.jpg

Der Aufseher Giovanni Tresch bei der Arbeit.

mdm.atte.ch/MDM0934-foto-2.jpg

Anruf von der Leitstelle, um über den Zustand der Strecke zu informieren.

mdm.atte.ch/MDM0934-foto-3.jpg

Im Gefahrenfall legt der Kontrolleur Knallkörper auf die Schienen.

mdm.atte.ch/MDM0934-foto-4.jpg

Nach dem langen siebenstündigen Marsch eine kurze Ruhepause neben dem Ofen in seinem Bahnwärterhäuschen.

mdm.atte.ch/MDM0934-foto-6.jpg

In seinen Ruhezeiten kümmert sich Tresch um seine Schafe.

mdm.atte.ch/MDM0934-foto-7.jpg

Im Gespräch mit einer seiner Töchter.

Fotos und Artikel aus Illustrazione Ticinese 1937

Archiv Knijnenburg MDMD-0012

Sie müssen angemeldet sein, um Kommentare verfassen zu können
  • Biografie und Geschichte

    Tunnelkontrolleur war ein gefährlicher Beruf. Spannende Details zu dieser heiklen Arbeit erfuhr ich von einer Frau, dderen Vorfahren im Urnerland für die Eisenbahn arbeiteten. Der Tunnelkontrolleur war immer auch der Gefahr ausgesetzt, dass er einen nahenden Zug in seinem Rücken nicht bemerkte, weil dessen Fahrtlärm übertönt wurde von einem entgegenkommenden Zug. Deshalb musste er sich jeweils vor der Arbeit informieren, wann genau mit einem solchen Zug zu rechnen war. Trotzdem kam es auch zu tödlichen Unfällen.

20 Oktober 2024
35 Klicks
3 Likes
1 Favorit
1 Kommentar
2 Galerien
Netzwerk:
Unterstützende Stiftungen:
4,342
226
© 2024 unsereGeschichte.ch. Alle Rechte vorbehalten. Entwickelt von High on Pixels.