Shampoo und Manderinli
Manderinli war der Übernahme für ein Mädchen, dessen richtigen Namen ich vergessen habe. Was ich nicht vergessen haben, ist unser Tanz am Tanzball der Kantonsschule Frauenfeld. An der Kantonsschule gab es jedes Jahr einen Tanzball. Er wurde in der Turnhalle der Schule durchgeführt. Es war dunkel. Zu Beginn lief rockige Musik zur der man gemeinsam allein tanzte.
Ich trug eine schicke Hose, ein Hemd mit einer schmalen, schwarz-grauen Lederkrawatte und einem Veston. Matthias holte mich zu Hause ab. Daran erinnert sich meine Mutter noch heute. Er stand bei uns zu Hause vor dem grossen Spiegel und sagte: “Wenn man es (den Stil) einmal hat, dann bringt man es nicht mehr weg.” Er gab sich mehr Mühe als ich, um sich für den Abend chic zu machen. Für mich war es eine Art Verkleidung – ich musste einer Konvention gerecht werden. Es gehörte dazu, um dabei zu gehören.
Nach der schnellen Musik und den Strobo-Effekten wurde es dunkler und die Musik ruhiger. Das Signal, dass nun die langsamen Tänze für die bestehenden oder zukünftigen Paare kamen. Da von unserer Männergruppe noch keiner eine Freundin hatte, verliessen wir die Tanzfläche. Dann kam sie auf mich zu und fragte mich, ob ich mit ihr tanzen möchte. Natürlich möchte ich. Sie hatte den Übernamen Manderinli. Wir umfassten uns und begannen zu tanzen. Ich fühlte mich berauscht. Ihr Haar roch wunderbar. Vielleicht war das Shampoo mit Manderinli-Geschmack? Sie sagte etwas über meine langen Haare. Das ich anders als die anderen sei. Genau so wollte ich wirken – anders, unkonventionell. Sie fand mich interessant. Die Kollegen schauten uns beim Tanzen zu. Sie machten Zeichen, noch enger zu tanzen. Der Tanz hätte für mich immer weiter gehen können. Doch irgendwann war die Musik zu Ende. Wir gingen wieder auseinander und die schnelle Musik wurde wieder gespielt. Ich wurde von meinen Schulkollegen umringt und musste erzählen. Ich war glücklich, dass sie mich ausgewählt hatte. Später begegneten wir uns noch ab und zu in den Schulgängen. Doch sonst kreuzten sich unsere Wege nicht mehr. Aber die Erinnerung an den Geruch ihres weichen, gewaschenen Haares ist immer noch stark.
Langsamverkehr, zum Beispiel mit der Polybahn in Zürich
Langsamverkehr ist in aller Munde...Momente der Geruhsamkeit in der Hektik des Alltags, beispielsweise bei der Fahrt mit der Standseilbahn vom Central zur Polyterrasse. UnsereGeschichte lädt ein zum Zeigen von Dokumenten zu solchen Momenten, beispielsweise in der Galerie https://unseregeschichte.ch/galleries/langsamverkehr.