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Vater zieht in den Krieg und schickt einen Brief an seinen Sohn

Vater zieht in den Krieg und schickt einen Brief an seinen Sohn

4 August 1914
August Engler
August Engler

Eine Freundin schickte mir einen berührenden Brief eines Vaters an seinen Sohn – obwohl er in Zürich wohnt, muss er als deutscher Staatsangehöriger in den Krieg ziehen. In der Ungewissheit seiner Rückkehr hinterlässt er berührende Empfehlungen und Ratschläge. Hier das Transkript der drei Seiten:

Dienstag, morgen, 11 Uhr, den 4. August 1914.

Ein kleiner Abschiedsbrief an meinen Bubi Karli. Lieber einziger Sohn!

Ich muss morgen früh, 8 .14 Uhr, über Schaffhausen einrücken, in Krieg. Es ist entsetzlich. Ob ich wiederkomme, ist fraglich. Am 16. September werde ich 31 Jahre alt. Du bist 3 Jahre und nicht ganz 2 Monate. Ich betreibe seit 4 Jahren eigenes Schuhgeschäft, nebenbei verkaufe ich einwenige fertige Schuhe. Ich habe in dieser Zeit mich fest eingearbeitet. Zeitweise hatte ich auch ein Geselle, deine Mutter hat mir fest geholfen.

Richte einige Worte an dich für spätere Jahre. Lerne fleissig in der Schule. Lerne einen Beruf und dabei fest auffassen, denn für später ist man froh, wenn man etwas kann.

Mein Vater war auch Schuhmacher. Er hat es immer zu uns Brüdern gesagt. Dein Götti Karl muss auch in Kriegund dein Onkel Andreas.... Dein Götti hat dir schon viel geschenkt, denn er ist gut, sein Beruf ist Caufmann und jetzt seit diesem Frühjahr Teilhaber der Firma Etter & Company Sigmaringen.

Unsere Eltern waren arm, aber der liebe Vater hat immer gesagt, es muss jeder was lernen (also einen Beruf.) Die liebe Mutter lebt noch. Vater ist im zweiten Juli 1909 gestorben. Er war 64 Jahre alt geworden.

Solltest du später eigenes Geschäft erwerben, so sei recht vorsichtig bei Einkaufen und Verkaufen. Auch bei Verträge machen, gar nichts unterschreiben, bevor du es gelesen hast, besser einmal darüber schlafen. Gut ist noch Rat holen bei Verwandten oder bei recht vertraute ehrliche Leute besonders intime Sachen niemand erzählen. Denn es gibt nicht alles gute Leute, es gibt viele (Spitzbuben). (…) nicht nur die können alle gut reden sie sie einen erwischt haben, oder wie man sagt.....solche... ...nie etwas in den Händen geben zum Lesen, sehr vorsichtig sein. Sei auch gut und friedlich mit Nachbarn. Vermeide Prozessieren mit irgend etwas denn die Herren wollen bezahlt sein besonders die Advokaten. Ich habe es auch selbst erfahren. Der beste Prozess ist nichts wert, ausser man habe es schwarz auf weiss in der Hand. Und so weiter.

Biografie und Geschichte
Brief August Engler Seite 2
Brief August Engler Seite 2

Randnotig: Tausend, tausend Grüße und Küsse gebe ich gerade (…) Vater ….

Auch sei recht sparsam, Auch trinke nicht viel Alkohol, gehe lieber in frische Luft spazieren oder esse lieber etwas gutes dafür, tue all diese Sachen recht zu Herzen nehmen, denn vergesse nicht, dein Vater meint es hier gut, sonst würde ich keine Zeit für so einen Brief nehmen. Ich habe immer Freude gehabt an dir und musste oft lachen, als du kaum einen Hammer halten konntest, fast an meiner Seite gesessen und am Stehapparat, feste Nägel hinein geschlagen. Gestehe hier offen, dass es mir sehr schwer fällt, in Krieg zu gehen, da ich hier so schöne Existenz (?) habe. Es hat mich sehr gereut, dass ich mich nicht eingebürgert habe. Leider ist es zu spät. Habe meine Gedanken wieder ganz woanders und denke immer, oh könnte ich wieder kommen.

Will jetzt schliessen in der Hoffnung, ich werde am Leben erhalten bleiben.

Also, mein lieber, liebes Bubli und Adele, lebt wohl. Auf Wiedersehen, der Vater August Engler. Schuhmachereimeister.

Biografie und Geschichte
Brief August Engler Seite 3
1914
Brief August Engler Seite 3
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29 August 2024
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