Auf der Suche nach Stefan Gschwind-Stingelin
Bei der Tramhaltestelle Oberwil BL ist ein Haus renoviert worden. Ganz unauffällig ist der Schriftzug "CENTRAL-MAGAZIN" auf den neuen Verputz hinübergerettet worden. Was bedeutet diese altertümliche Bezeichnung? Eine alte Dissertation gibt einen ersten Hinweis: Mit diesem Magazin hatte Stefan Gschwind-Stingelin (1854-1904) ab 1892 sein Genossenschafts-Reich errichtet. Das moderne Coop-Areal hat allerdings seinen
Konsumladen (1894, oben) verschlungen und in einen banalen Parkplatz (unten) verwandelt.
Immerhin wurde Gschwind auf der anderen Arealseite ein Denkmal errichtet.
Es steht zwischen drei Kastanienbäumen. Diese wuchsen mit drei weiteren ursprünglich vor dem Gasthof zur Krone, ebenfalls einem Geschäftszweig der Genossenschaft (1896). Auch dieser grosse Bau wurde für einen Parkplatz abgerissen. Noch erhalten dagegen ist das repräsentative Gebäude im Westen des Areals. Hier brachte Gschwind den Stoffladen des Konsumvereins unter. Das Dorfzentrum mit dem wichtigen Zugang zur damaligen Bahn-, heute Tramstation war also in der Hand des Konsumvereins.
Stefan Gschwinds Konsumverein diente aber nicht nur dem Konsum, sondern hiess "Birseck'sche Produktions- und Konsumgenossenschaft": Die Genossenschaft verkaufte auch Futtermittel, lieh Landwirtschaftsmaschinen aus, übernahm Landwirtschaftsprodukte zur Verwertung und zur Lagerung. Die 1896 gegründete Handziegelei musste Gschwind allerdings in eine Aktiengesellschaft überführen, um genügend Kapital aufzubringen. Nach dem Ende der Ziegelproduktion (1997) ist sie ein Kultur- und Gewerbezentrum.
Gschwind gründete ferner eine Wohnbaugenossenschaft mit vier Häusern, eine Wasch- und Badeanstalt, eine Spritbrennerei, eine Seifensiederei, eine Sparkasse, eine Lebensversicherung, und die immer noch genossenschaftlich organisierte Elektra Birseck (heute Primeo Energie). Die "Birseck'sche Produktions- und Konsumgenossenschaft" fusionierte 1919 mit dem Allgemeinen Consumverein Basel (ACV).
Doch vielleicht finden Sie in Oberwil noch weitere Spuren dieser Genossenschaft? Vielleicht Angaben zu seiner Frau Marie, geborene Stingelin, die ihm den Rücken für sein Engagement freihielt?
Jedenfalls gäbe es noch viel Papier; Gschwind war ein profilierter und engagierter Politiker für den Bauern- und Arbeiterbund und die Sozialdemokratische Partei, Landrat 1887-1904, Nationalrat 1899-1904. In diesem Jahr starb er, erst 50-jährig.
Motion von Stefan Gschwind-Stingelin im Landrat von Basel-Landschaft, worin er eine expansivere Geldpolitik zu Gunsten der Entschuldung der Landwirtschaft forderte.
Wichtige Quellen:
- Lotte Rosenfeld: Stefan Gschwind, ein Genossenschaftspionier. Diss. Zürich, Basel 1968
- Webseite Alt-Oberwil, Leitung Pascal Ryf
- Personenlexikon Basel-Landschaft
- Staatsarchiv Baselland, Landratsprotokolle
Langsamverkehr, zum Beispiel mit der Polybahn in Zürich
Langsamverkehr ist in aller Munde...Momente der Geruhsamkeit in der Hektik des Alltags, beispielsweise bei der Fahrt mit der Standseilbahn vom Central zur Polyterrasse. UnsereGeschichte lädt ein zum Zeigen von Dokumenten zu solchen Momenten, beispielsweise in der Galerie https://unseregeschichte.ch/galleries/langsamverkehr.